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Besuch im NS-Dokumentationszentrum - Kurs 21/24 reist in Münchens Vergangenheit

Avatar of Student/in Student/in | 29. Juni 2023 | Führung



Fenster mit Blick Richtung Königsplatz

Als es vergangenes Semester darum ging, welche Führungen und Besichtigungen Kurs 21/24 im Sommer unternehmen wollte, stand das Münchner NS-Dokumentationszentrum ganz oben auf der Liste. Letzte Woche war es dann so weit und wir trafen uns nach der Mittagspause am Max-Mannheimer-Platz. Wenn man sich vor dem Betreten des Dokumentationszentrums umsieht, erkennt man schon die historisch interessante Lage des Baus: Das Gebäude selbst befindet sich an der Stelle des „Braunen Hauses“, der Parteizentrale der NSDAP ab 1931, die 1945 bei einem Bombenangriff zerstört wurde. Die Geschichte des Platzes wird auch in der Architektur des Dokumentationszentrums und der Konzeption der Dauerausstellung bewusst aufgegriffen. Durch große Fenster mit Bildschirmen, auf denen historische Aufnahmen des Königsplatzes gezeigt werden, wird der Blick immer wieder nach draußen gelenkt, sodass man sich der Geschichte des Ortes stets bewusst ist.

Wie uns bei unserer Führung erklärt wurde, hatte der Königsplatz, der von den Nationalsozialisten in „Königlicher Platz“ umbenannt wurde, eine große symbolischer Bedeutung. Hier befand sich nicht nur die Parteizentrale, sondern auch der Führerbau (heute von der Hochschule für Musik und Theater genutzt), der Verwaltungsbau der NSDAP (heutiges Haus der Kulturinstitute) und zwei Ehrentempel zu Ehren der Nationalsozialisten, die 1923 bei Hitlers Putschversuch ums Leben gekommen waren und während der NS-Zeit als Märtyrer gefeiert wurden. Der Platz wurde gerne zu Repräsentationszwecken und für Veranstaltungen mit Symbolcharakter wie der Bücherverbrennung 1933 genutzt.

Zitat von Thomas Mann zur Rolle Münchens

Die Dauerausstellung des Dokumentationszentrums ist in Zeitabschnitte aufgeteilt, die sich über mehrere Etagen verteilen. Sie beginnt bei der Ausgangssituation nach dem ersten Weltkrieg und verfolgt neben dem Aufstieg Hitlers und der NSDAP besonders die Rolle der Stadt München als „Hauptstadt der Bewegung“. Bei unserer Führung konzentrierten wir uns exemplarisch auf einzelne Stücke, aber es wurde schnell klar, dass wir noch viele Stunden mit Lesen und Anschauen hätten verbringen können. Das NS-Dokumentationszentrum setzt ausschließlich Flachware ein, anders als viele Gedenkstätten, die historische Objekte ausstellen. Dementsprechend viel Lesestoff bietet jede einzelne Etage. Darunter finden sich auch Absurditäten wie die 10 Gebote für die Gattenwahl, die sich an deutsche Frauen richteten (mit Regeln wie „Bei der Wahl Deines Gatten frage nach seinen Vorfahren.“ und "Du sollst Dir möglichst viele Kinder wünschen.“).

Zum Schluss thematisiert die Ausstellung auch die weitere Entwicklung des Rechtsextremismus und aktuelle Fälle von rechter Gewalt und Rechtsterrorismus. Generell zieht sich das Thema der Kontinuitäten durch die Ausstellung wie auch durch viele Lebensläufe, die in der Ausstellung vorgestellt werden. Eine Aufarbeitung der NS-Zeit fand (nicht nur) in München lange nicht statt. Um noch einmal auf den Ort des Dokumentationszentrums zurückzukommen: Auch am Königsplatz selbst erinnerte lange kaum etwas an seine braune Geschichte. Die Ehrentempel wurden gesprengt, die Parteizentrale zerstört, andere Gebäude einfach umgenutzt. Der Platz wurde zeitweise schlicht als Parkplatz genutzt, bevor er begrünt wurde und die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache wachsen ließ, auch wenn Einzelpersonen sich gegen das Vergessen wehrten. Erst seit einigen Jahren findet vor Ort überhaupt ein Gedenken statt, mit der Gründung des Dokumentationszentrums sowie seit 2021 einem Mahnmal zur Bücherverbrennung und entsprechenden Gedenklesungen.

Tafel zur mangelnden Aufarbeitung der Geschichte des Königsplatzes

Für uns war es eine sehr spannende Führung, die auch beim anschließenden Biergartenbesuch noch für lange Gespräche gesorgt hat.

lm


Zum Abschluss noch ein Tipp zum Reinschauen: Kurz nach unserem Besuch wurde die Ausstellung "TO BE SEEN. queer lives 1900-1950" des NS-Dokumentationszentrums mit dem Grimme Online Award 2023 ausgezeichnet. Sie kann hier angesehen werden und ist wirklich spannend und bewegend.

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