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Adventskalender (06): Die schwimmende Bibliothek im hohen Norden

Avatar of Student/in Student/in | 06. Dezember 2023 | Adventskalender



 

Man versetze sich in folgende Situation: Ein kleines Dorf in einem Ford in Norwegen. Es ist tief verschneit, dunkel und nur in den Häusern brennt Licht. Auf den ersten Blick scheint keine Menschenseele unterwegs zu sein. Doch dann: Ein paar Bewohner kämpfen sich mit Beuteln bewaffnet zum Hafen des Ortes. Doch wozu? Was könnte dort auf sie warten?

Es ist die „Epos“, ein 24 Meter langes Schiff, welches als schwimmende Bibliothek dient. Der Service ist für die Nutzer*innen kostenlos, getragen wird das jährlich ca. 700.000 Euro teure Projekt von den teilnehmenden Bezirken (Hordaland, Sogn og Fjordane und Møre og Romsdal). Im Winter, von September bis April, steuert die mobile Bibliothek insgesamt etwa 150 Dörfer an, versorgt jene Orte mit Büchern, welche ohne die „Epos“ nur schwer Zugang zu Literatur hätten. Insgesamt kommt das Schiff bei seiner Tour zwei Mal an jedem Ort vorbei.

Ein ähnlicher Service existierte in Norwegen bereits seit 1959, doch erst die „Epos“, welche ihre Arbeit 1963 aufnahm, wurde extra als schwimmende Bibliothek gebaut. Es bietet somit genug Platz für eine kleine Lounge sowie 6.000 Bücher aus sämtlichen Kategorien. Für jeden ist etwas dabei, egal ob jung oder alt. Spezielle Regale, ausgestattet mit beweglichen Stangen, verhindern, dass die Bücher bei Seegang aus ihren Regalen fallen. Die Bibliothek benötigt lediglich fünf Mitglieder: den Kapitän/die Kapitänin, einen Matrosen/ eine Matrosin und 3 Bibliothekar*innen. Das genügt völlig. Um noch mehr Kultur in die abgelegensten Orte des Landes zu bringen, wird die Crew jedoch regelmäßig von bis zu zwei Künstlern unterstützt. Sie haben Musik, Theater und andere Formen der Kultur und Zerstreuung im Gepäck, besonders für die Kinder, welche oft kaum Zugang zu solchen Angeboten haben.

Bis 2005 war die „Epos“ immer noch 126 Tage im Jahr im Einsatz, 53.300 Bücher wurden entliehen. Ein Service, der sich lohnt, könnte man meinen. Doch mit der Romantik war es ab 2015 vorbei. Als erster Bezirk beendete Sogn og Fjordane 2015 seine Teilnahme am Projekt der schwimmenden Bibliothek. Nur wenige Jahre später, 2019, folgte Møre og Romsdal. Das Projekt sei zu teuer und würde nicht mehr genug benutzt, so die Begründung. Für viele Orte war dank dem stetigen Ausbau der Infrastruktur in der Zwischenzeit tatsächlich eine Fahrt zu der nächsten Bücherhalle einfacher, als auf ein Schiff zu warten, welches nur zwei Mal im Jahr kam. 2020 musste somit auch der letzte Verfechter, Hordaland, gezwungen durch die Frage der Finanzierung und die Corona-Pandemie, das Projekt verlassen. Die letzte geplante Fahrt der „Epos“ im März fand nicht mehr statt. Eine der einzigartigsten Bibliotheken der Welt stellte ihren Dienst ein.

Dank der zunehmenden Digitalisierung ist es unwahrscheinlich, dass ein Schiff wie die „Epos“ je wieder auf unseren Meeren zu finden sein wird. Jedoch sollte man dabei nicht vergessen, dass die schwimmende Bibliothek Norwegens nicht nur Bücher in die Dörfer brachte, sondern auch Kultur, Entertainment und einen Ausbruch aus dem grauen Alltag.

von: T.S.

Meinungen?

1 Kommentar(e)

C |

18. Dezember 2023

Schade, dass es die Bibliothek nicht mehr gibt. Wenn auch bis zu einem gewissen Grad verständlich.