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Adventskalender (10): Die Mitternachtsbibliothek

Avatar of Student/in Student/in | 10. Dezember 2023 | Adventskalender, Bibliotheken | International



Aus dem dichten Nebel schält sich die graue Steinfassade eines großen Gebäudes. Zwischen den fünf riesigen Bogenfenstern ist eine hölzerne Mitteltür eingelassen, obendrüber eine prächtige Uhr mit schwarzgemalten römischen Ziffern. Das Innere des Gebäudes ist hell erleuchtet, der Boden aus Stein in der Farbe eines alten Blatt Papiers. Es duftet nach frischem Gras und wohin man auch schaut, erstrecken sich Gänge voll Regale, ziehen sich kerzengerade ins Unendliche. Auf den Regalbrettern reihen sich Bücher aneinander. Jedes von ihnen ist grün. Sumpfgrün, moosgrün, smaragdgrün, hellgrün – Millionen von Büchern, jedes einzelne schillert in einem Grünton. Und die Uhr auf der Stirnseite des Gebäudes zeigt immer die gleiche Uhrzeit: Mitternacht.

Für Nora Seeds war die kleine Bibliothek der Hazeldene School in Bedford immer ein Wohlfühlort gewesen. Und die alte Bibliothekarin, Mrs. Elm, ist die einzige Person an der Schule, mit der sie sich auf der gleichen Wellenlänge fühlt. Sie bestärkt Nora in ihren Zukunftsplänen, spielt mit ihr zusammen Schach, unterhält sich mit ihr über Gott und die Welt. Und vor allem ist sie da, um sie zu trösten, als Nora vom Tod ihres Vaters erfährt.

So ist es auch kein Wunder, dass Mrs. Elm wieder da ist, als Nora neunzehn Jahre später in jener geheimnisvollen Mitternachtsbibliothek landet. Sie hatte versucht sich das Leben zu nehmen und jetzt ist sie hier, und Mrs. Elm mit ihr. Und sie steht Nora wieder mit Rat bei Seite und erklärt, was es mit den Büchern auf sich hat: Eines von ihnen, das „Buch des Bedauerns“, listet jede einzelne Sache auf, die Nora je bedauert hat. Und alle anderen Bücher enthalten Noras Leben. Oder Leben, wie sie sie gelebt hätte, wenn sie sich an irgendeinem Punkt anders entschieden hätte. Solange die Mitternachtsbibliothek existiert, hat Nora die Chance ihre anderen Leben auszuprobieren. Wenn das gewählte das richtige für sie ist, wird es Stück für Stück zu ihrem eigenen, sonst landet sie zurück in der Bibliothek.

Nora lässt sich widerwillig darauf ein und probiert Leben um Leben aus: Eines, in dem sie dem Wunsch ihres Vaters gefolgt ist und erfolgreiche Schwimmerin ist. Ein anderes, in dem sie mit ihrem Exfreund zusammengeblieben ist. Ein drittes, in dem sie mit ihrer besten Freundin nach Australien gezogen ist. Und in einem dieser Leben trifft sie plötzlich auf Hugo, der, genau wie sie, zwischen den Leben unterwegs ist.

Von ihm erfährt sie auch eine Theorie über die Entstehung der Bibliothek: Bei jeder Entscheidung entsteht ein Paralleluniversum. So gibt es unendliche viele Versionen eines Lebens und sie liegen alle nebeneinander im Raum, ohne die Möglichkeit zur Kommunikation untereinander. Wenn ein Mensch sich zwischen Leben und Tod befindet, gibt es einen Punkt, an dem er weder lebendig noch tot ist, sondern jede Quantenmöglichkeit dieser Universen sein könnte. Da das Gehirn solche abstrakten Konzepte nicht greifen kann, präsentiert sich dieser Punkt an einem Schauplatz, einem Ort mit emotionaler Bedeutung für den Betroffenen. Und es ist auch immer eine Person da, die dem Betroffenen in einer wichtigen Zeit des Lebens beistand und durch die Möglichkeiten führt. In Noras Fall also Mrs. Elm, die Schulbibliothekarin – wer wäre auch besser für solch eine Aufgabe geeignet als eine Bibliothekarin?

Und so wird die Mitternachtsbibliothek, dieser Ort zwischen Realität und, nun ja, Realität, zu einem Ort der Reflexion über große Fragen. Nach dem Wichtigsten im Leben und nach dem Glück. Denn als die Zeit beginnt weiterzulaufen, muss sich Nora sehr schnell entscheiden, welches Leben das Richtige für sie ist.

- lk

 

Meinungen?

1 Kommentar(e)

AV |

27. Dezember 2023

Fantastisches Buch, absolut lesenswert!