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Wunder und Schätze hinter verschlossenen Türen: Ein Vormittag in der Staatlichen Bibliothek Passau

Avatar of Student/in Student/in | 06. September 2023 | Bibliotheken | Deutschland, Praktikum | Inland, Führung | Bibliothek



Es ist ein regnerischer Dienstagmorgen Anfang August. Nach einem starken Kaffee verlasse ich meine Wohnung, lausche der Stille in den Gassen und biege fast falsch ab. Heute geht es nicht wie sonst in Richtung Universitätsbibliothek Passau, sondern über den Domberg und durch die schöne Altstadt zur Staatlichen Bibliothek. „Wandertag“, denke ich mir und schmunzle.

Die Glocken schlagen acht Uhr, meine Kommilitonin wartet schon. Kaum angekommen öffnet sich die schwere Tür der SB und wir werden von David Gibis empfangen. Noch ist die Bibliothek leer, die Tische im Lesesaal unbesetzt. Gut für uns, denn so haben wir Zeit, uns in Ruhe umzuschauen. In einem Nebenzimmer inspizieren wir den versteckten Zettelkatalog und sind vorsichtig, damit bloß keine der unzähligen Karteikarten fallen gelassen wird. In der Staatlichen Bibliothek Passau trifft Alt auf Neu, gemütlicher Bibliotheksbau auf moderne Formen und Glas - eine gelungene Mischung.

 

 

Die Regentropfen trommeln immer noch gegen die Fenster. Der Sommer macht eine kurze Pause und nach mehreren Wochen mit Temperaturen an die 30 Grad freuen sich Mensch und Natur über die Abkühlung. Wir drei stecken vorsichtig die Köpfe aus dem Eingangsportal der SB Passau, schätzen die Regenintensität ab und rennen über die Straße. Im Gebäude gegenüber angekommen, geht es über Treppen und durch verlassene Gänge bis zu einer unscheinbaren Tür, die David Gibis ohne viel Aufheben öffnet. Nackte Männerkörper heben sich dunkel im Schummerlicht ab, ein leiser Schrei entfährt mir, dann geht das Licht an.

 

 

Wir stehen in einem langen Raum voller Bücher, es riecht nach altem Papier und Terpentin. In der Mitte thronen Plastiken, Nachbildungen von griechischen und römischen Statuen. Passend hier im Raum der Antike. Zurzeit wird dieser neu eingerichtet und ist noch nicht für die Allgemeinheit zugänglich. Hinten in der Ecke steht ein Gemälde von Goethe, der Tisch daneben ist mit alten Gerätschaften übersäht. Doch der Charme des Raumes ist trotzdem greifbar. Altes Wissen, gebunden in Leder, aufbewahrt für die Zukunft.

Herr Gibis öffnet eine weitere Tür; dahinter versteckt sich eine Vorzeigebibliothek. Stuckdecke, hohe Regale, Holzboden, ein altes Schreibpult, zwei Globen. Der religiöse Einfluss in der Ausstattung des Raumes ist nicht zu übersehen. Engel sitzen in den Ecken und wachen über die Bücher, die Kirchenväter schauen den Besucher streng an. Das trübe Wetter gibt dem Raum eine fast schon gespenstische Ausstrahlung, im Hintergrund das Geräusch von Sommerregen.

 

 

Die Führung geht weiter. Der nächste Raum ist eindeutig klimatisiert - es friert uns fast ein bisschen. Vitrinen enthalten kostbare Schätze wie Globen, Instrumente für die Vermessung des Himmels, einen alten Kalender, Schnitzereien aus Asien. Alles Teile, die in Verbindung mit der Missionsarbeit des Jesuitenordens stehen. Von der „Schatzkammer” gehts in die „Wunderkammer” und obwohl wir als Menschen des 21. Jahrhunderts einiges gewohnt sind, löst der Anblick des Zimmers auch bei uns „Wunder” aus. Der Raum ist gefüllt mit Kuriositäten aller Art: Tiere, Steine, Waffen, Gemälde, ein Pilz und im Zentrum eine riesige Seespinne und ein Krokodil. Ehrfurchtsvoll wandern wir durch das Zimmer, bewundern die verschiedensten Ausstellungsstücke. David Gibis erzählt uns, wie einige Artefakte in den Besitz der Staatlichen Bibliothek gekommen sind und ich frage mich, wie es wohl den Menschen früher ging, wenn sie solche Dinge sahen. Wir haben das Internet, schauen uns Naturdokus an, können auf das Wissen der Generationen vor uns zurückgreifen und doch streifen auch wir wie kleine Kinder begeistert durch die „Wunderkammer“.

 

 

Zurück im Raum der Antike, biegen wir in ein Nebenzimmer ab. Der Geruch von Kork überrascht nicht, denn in diesem Raum stehen Miniaturen der verschiedensten antiken Bauten. Alle aus Kork. Wir betrachten das Kolosseum genauer, schauen uns den Baal-Tempel aus Palmyra an, der 2015 vom IS zerstört wurde, und versinken in der Architektur der Pont du Gard. Bücher gibt es hier auch, aber viel interessanter sind die Miniaturen von Dieter Cöllen.

Der Sprint zurück über die Straße wird wieder vom Regen begleitet und zurück im Hauptgebäude gehts ins Magazin. Because we all know, this is where the magic happens. Zwischen Zeitungen und Zeitschriften finden sich Nachlässe, Inkunabeln und Schmuckausgaben. Regalmeter, die noch nicht katalogisiert wurden, weil die geschenkten Bestände zu umfassend sind. Briefe, die kurze Einblicke in das Leben des Schreibenden gewähren. Die Sammlungen im Magazin bilden den Abschluss unseres „Wandertags“ und gefüllt mit neuen Eindrücken und erfüllt von der Schönheit der Staatlichen Bibliothek Passau machen wir uns auf den Weg in die UB. Vielen Dank noch mal an David Gibis für die großartige und spannende Führung; wir haben den Vormittag sehr genossen.

 

ir

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1 Kommentar(e)

VK |

06. September 2023

Perfekt eingefangen, schön war's! Einen Besuch in der SB Passau kann man wirklich jedem empfehlen, der auf Bibliotheksmagie abfährt ;)