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Library and Archives Canada – Die Bewahrung des Indigenen Erbes

Avatar of Student/in Student/in | 21. Februar 2022 | Bibliotheken | International, Lesestoff



Beim Thema „Rassentrennung“ und der damit verbundenen Diskriminierung hat man sofort Länder wie Australien oder die Vereinigten Staaten von Amerika vor Augen. Was Vielen nicht bewusst ist: auch Kanadas Vergangenheit ist die Behandlung Indigener betreffend kein unbeschriebenes Blatt. Mit Gesetzen wie dem Indian Act von 1876 gibt es bis heute gesetzliche Grundlagen, die Rassentrennung legitimeren, das System der Residential Schools – in welchem Indigene Kinder ihren Familien entzogen, in Internate gebracht und „umerzogen“ wurden – existierte bis in die 1990er Jahre.

Mit der Anerkennung der Rechte Indigener in der UN Declaration on the Rights of Indigenous Peoples (DRIP) von 2007 und der Überarbeitung des Kanadischen Constitution Act 1982 ging jedoch eine Welle von Veränderungen einher, die auch die Arbeit von Bibliotheken, Museen und Archiven beeinflusste. Als Nationalbibliothek haben die Library and Archives Canada (LAC) u.a.  bei der Versöhnung zwischen Kanadischer Regierung und First Nations, Inuit und Métis Nation eine zentrale Rolle inne. Da der Library and Archives of Canada Act als gesetzliche Grundlage der LAC Indigene sowohl als Nutzerschaft, Anbieter und eigentlichen Inhalt eines beträchtlichen Teils der Bestände,  als  auch  als  Eigentümer  vieler originärer Dokumente missen lässt, erstellte man 2003 die Report and Recommendations of the Consultation on Aboriginal Resources and Services und hielt die neue Ausrichtung der LAC in deren Bestandsentwicklungsplan fest. Er enthält nun einen neuen Abschnitt der „Aboriginal Materials“, in welchem die LAC den Beitrag der Indigenen Bevölkerung zum dokumentarischen Erbe Kanadas anerkennt und festhält, dass die einzigartigen Bedürfnisse dieser auch beim Bestandsaufbau berücksichtigt werden sollen.

Hieraus resultierend hat die LAC eine Reihe an Initiativen zur Bewahrung und Zugänglichmachung des Indigenen Erbes ins Leben gerufen. Alle Initiativen und „Indigenous-related“ Angebote der LAC unterstehen deren Guiding Principles to Reconciliation and Indigenous Rights. Inhalt der Leitlinien sind u.a. die Anerkennung der Rechte, Interessen und Lebensumstände der First Nations, Inuit und Métis Nation1, die Kooperation mit First  Nation-,  Inuit-  und  Métis  Nation-Gemeinden  und  -Regierungen sowie die Verbesserung der Zugänglichkeit des Indigenen Erbes. Des Weiteren richtet die LAC alle Handlungen beim Umgang mit der Thematik des Indigenen Erbes nach dem Indigenous Heritage Action Plan aus. In diesem werden in vier Hauptpunkten sowohl die Beziehung der LAC zur Indigenen Bevölkerung und der Umgang mit dem Indigenen Erbe, als auch anstehende Vorhaben und bereits bestehende Programme und Services beschrieben.

Ein bereits 2002 etabliertes Programm ist das Project Naming. Es ermöglicht der Indigenen Bevölkerung Kanadas, sich an der Identifizierung von Fotografien im Bestand der LAC zu beteiligen. Auf ca. 10.000 digitalisierten Bildern sollen mit Hilfe der Angehörigen der First Nations, Inuit und Métis Nation abgebildete Personen, kulturelle Aktivitäten und Orte identifiziert werden. Trotz reger Beteiligung der Bevölkerung konnte dennoch bisher ein Großteil der abgebildeten Personen nicht identifiziert werden, viele Ressourcenbeschreibungen Events oder Aktivitäten betreffend fehlen entweder ganz oder beinhalten veraltete Informationen bezüglich Orts- und Gruppennamen, oder die Informationen stammen noch von den ursprünglichen Beschriftungen der Ressource selbst. Dennoch hofft die LAC weiterhin auf Mithilfe aus der Bevölkerung. Denn durch das Project Naming werden nicht nur die Ressourcenbeschreibungen der LAC angereichert, es schafft auch generationsübergreifende Brücken und hilft Indigenen Gemeindemitgliedern, eine Verbindung zu ihrer Vergangenheit herzustellen.

Nachdem die Kanadische Regierung 2017 die finanzielle Förderung der LAC zur Unterstützung der Digitalisierung des Indigenen dokumentarischen Erbes ankündigte, erarbeitete man das Projekt der Indigenous Documentary Heritage Initiatives. Im Rahmen des Projektes sollen die Zugangsmöglichkeiten zu relevanten LAC-Beständen verbessert und Indigene Gemeinschaften in ihren Bemühungen, die eigenen Sprachen und indigen-sprachlichen Aufzeichnungen zu bewahren und wiederzubeleben, unterstützt werden. Man schuf zwei Initiativen, die diese Ziele umsetzten sollten. Die erste Initiative soll als Digitalisierungsprojekt des Indigenen dokumentarischen Erbes den Onlinezugang zu ebenjenen Beständen verbessern. Ebenfalls als Digitalisierungsprojekt angelegt, unterstützt die LAC in ihrer zweiten Indigenous Documentary Heritage-Initiative Indigene Gemeinden durch kooperative Herangehensweisen bei der Bewahrung und Wiederbelebung Indigener Sprachen und indigen-sprachlicher Aufzeichnungen. Der geplante Gesamtumfang der Indigenous Documentary Heritage Initiatives beläuft sich auf 600.000 digitalisierte Seiten und 700 Stunden sprachliche Aufzeichnungen, auf ihrer Website hält die LAC Nutzende über Fortschritte der Initiativen auf dem Laufenden.

Neben den bereits erläuterten Angeboten finden sich auf der Website der LAC u.a. noch zahlreiche Tools und Guidelines zum Umgang mit Indigenem Erbe, Zugänge zu verschiedenen Datenbanken, virtuellen Ausstellungen oder auch der Zugriff auf Online-Ressourcen. Durch zahlreiche Verlinkungen und die Veröffentlichung verschiedener Leitprinzipien und Pläne bemüht sich die LAC, alles so transparent wie möglich darzustellen. Für interessierte Nutzende mit etwas Zeit, um sich durch die Vielzahl an Materialien und Angeboten zu arbeiten, bietet die Website der LAC einen guten Ausgangspunkt für Recherchen die Indigene Bevölkerung Kanadas betreffend.

 

(ls)


Quellen und weiterführende Informationen:

Brant, Jennifer: Racial Segregation of Indigenous Peoples in Canada, The Canadian Encyclopedia, 2020. www.thecanadianencyclopedia.ca/en/article/racial-segregation-of-indigenous-peoples-in-canada .

Canada.ca: Truth and Reconciliation Commission of Canada, 2021. https://www.rcaanc-cirnac.gc.ca/eng/1450124405592/1529106060525 .

Constitution Act 1982. https://laws-lois.justice.gc.ca/PDF/CONST_TRD.pdf] .

Heritage BC: Indigenous Cultural Heritage, 2022. https://heritagebc.ca/resources/first-peoples-heritage/ .

International Federation of Library Associations and Institutions: Library and Archives Canada’s Indigenous Documentary Heritage Initiatives. https://www.ifla.org/g/cch/library-and-archives-canada-s-indigenous-documentary-heritage-initiatives/.

Library and Archives Canada: Collection Development Framework, 2005. https://www.collectionscanada.gc.ca/obj/003024/f2/003024-e.pdf.

Library and Archives Canada: Indigenous Heritage Action Plan, 2019. https://www.bac-lac.gc.ca/eng/discover/aboriginal-heritage/initiatives/Documents/indigenous-heritage-action-plan.pdf .

Library and Archives Canada/Canada.ca: Indigenous heritage, 2021d. https://www.bac-lac.gc.ca/eng/discover/aboriginal-heritage/Pages/introduction.aspx#c .

Library and Archives of Canada Act, 2004, zuletzt geändert 2015. https://laws-lois.justice.gc.ca/PDF/L-7.7.pdf .

Morse, Bradford W.: Indigenous human rights and knowledge in archives, museums, and libraries: some international perspectives with specific reference to New Zealand and Canada, Arch Sci 12, S. 113-140, 2012. https://doi.org/10.1007/s10502-011-9165-y.

Snyder, Lorraine: Library and Archives Canada, The Canadian Encyclopedia, 2015. www.thecanadianencyclopedia.ca/en/article/library-and-archives-canada .

The Canadian Encyclopedia: Genocide and Indigenous Peoples in Canada, 2020a. www.thecanadianencyclopedia.ca/en/article/genocide-and-indigenous-peoples-in-canada .

 


1 Im Constitution  Act  von  1982  werden  drei  Indigene  Bevölkerungsgruppen  als  Ureinwohner Kanadas anerkannt: First Nations, Inuit und Métis Nation.

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1 Kommentar(e)

Ehemalige |

24. März 2022

Superinteressant, vielen Dank für diesen Beitrag