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Die Edelsteine (13) - Der Plan

Avatar of Student/in Student/in | 17. Dezember 2020 | Adventskalender, Lesestoff



Kapitel 13: Der Plan

Feichtenbeiner und Kies beugten sich über das Papier, schauten abwechselnd auf die Übersetzung von Pabst und auf die Entführer-Nachricht.

„Legt die Bücher am sechsten Tag des nächsten Monats an diesem Ort ab und entfernt euch. Andernfalls wird die Natter sterben.

49.820966, 10.481409

18/92 Bot.lat. 22, 18/92 Bot.lat. 23, 18/92 Bot.lat. 24″

Mit der „Natter“ war natürlich wieder Couleuvre gemeint, dessen französischer Nachname schon von Kies entschlüsselt worden war. Die drei Signaturen am Ende des Zettels waren die Bücher, die herausgegeben werden sollten. Kies hatte sie im Magazin schon aufgespürt und in ihr Büro getragen. Die Folge aus den beiden Zahlen stellten den Ort dar, es mussten die geografischen Koordinaten sein, wenn auch nicht in Minute und Sekunde ausgedrückt, sondern rein dezimal, als Nachkommastellen. „Am sechsten Tag des nächsten Monats“, das musste als der 6. November interpretiert werden. Fast zeitgleich blickten Kies und Feichtenbeiner auf den Kalender an der Wand. Heute war der 28. Oktober. Nur etwas mehr als eine Woche Zeit. Würden sie nicht reagieren, würde Couleuvre sterben, da war das Papier eindeutig.

„Frau Kies, Sie sagten, Sie haben die Signaturen schon aus dem Magazin geholt. Um was für Werke handelt es sich, die die Entführer da wollen?“

„Das sind, wie es die Signaturen bereits erkennen lassen, Werke der Botanik auf Latein, vom Zeitraum 1600 bis 1750. Reichhaltig illustriert mit allerlei Zeichnungen von Pflanzen. Ich nehme an, die Entführer wollen diese großformatigen Zeichnungen zu Geld machen. In Auktionskatalogen oder im Internet-Antiquariaten werden oft solche einzelnen Seiten zum Kauf angeboten.“

„Nun, Sie brauchen ja nicht die Originale zu übergeben“, merkte Kommissar Feist an.

„Wie meinen?“, blickte Feichtenbeiner fragend.

„Nun, ich meine, meine Idee ist, Sie könnten ja statt den Originalen Kopien übergeben. Bis die Entführer den Unterschied merken, ist Ihr Kollege sicherlich befreit.“

Kies unterbrach ihn ärgerlich. „Dieses Risiko gehen wir auf keinen Fall ein! Sobald es den Entführern auffällt, was sie da wirklich in der Hand halten, ist unser Kollege in höchster Gefahr.“

„Sie könnten die Bücher natürlich auch mit Farbe oder Tinte oder irgendsowas kennzeichen. Das macht man bei Geldscheinen auch so. Dann sind sie eindeutig identifizierbar und nicht wieder verkäuflich.“

Kies musste unwillkürlich schmunzeln über diese ketzerische Idee und weil sie genau wusste, wie der Direktor reagieren würde. Das Donnerwetter ließ auch nicht lange auf sich warten.. Feichtenbeiner schnaubte. „So ein Blödsinn! Glauben Sie allen Ernstes, dass wir unsere eigenen kostbaren Werke verschandeln?…. Pff… Und Sie wollen Polizeikommissar sein?“

Es wurde intensiv diskutiert. Am Ende setzte sich aber bei allen die Erkenntnis durch, dass es zum Schutz des Lebens Couleuvres am besten wäre, die Originale am angegebenen Ort abzulegen bzw. zu übergeben, und sich gleichzeitig mit Polizei in Zivil in der Nähe versteckt zu halten, um den Entführern unauffällig bis zu ihrem Versteck folgen zu können.

Polizist Schweinsdorfer recherchierte den Ort, der mittels der geografischen Koordinaten angegeben war. Es handelte sich um ein Waldstück in der Nähe eines kleinen Dorfes, im Nachbarlandkreis. Etwa 40 Autominuten entfernt. Man musste nur die Bundesstraße Richtung Westen nehmen und einmal abbiegen. Besonders groß war das Waldstück nicht, dennoch konnte man nicht den ganzen Wald mit Polizisten umstellen lassen, das wäre viel zu auffällig. Man müsste die Polizisten in den Büschen am Waldrand platzieren, oder sich darauf beschränken, die Zufahrtsstraßen in der Nähe zu überwachen. Der oder die Täter mussten in dieser gottverlassenen Gegend zwangsweise mit einem Fahrzeug an- und abreisen.

Die Entscheidung fiel, die drei Bände am Abend des 6. Novembers abzulegen. Kies und Feichtenbeiner würden sich ins Waldstück begeben, auf Distanz und im Dunkeln unauffällig gefolgt von Feist und einem halben Dutzend Polizisten, ausgestattet mit Nachtsichtgeräten.

Am Morgen dieses schicksalshaften Freitags erfuhr Kies, dass Josef bereits vor ein paar Tagen entlassen worden war.

Fortsetzung folgt

(ag)

(Bildnachweis: Felix Mittermeier, via Pixabay)

 

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