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Die Edelsteine – ein bibliothekarischer Weihnachtskrimi (1)

Avatar of Student/in Student/in | 01. Dezember 2020 | Adventskalender, Lesestoff



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Die Edelsteine – ein bibliothekarischer Weihnachtskrimi

Bis Weihnachten präsentieren wir von Montag bis Freitag an dieser Stelle unseren Fortsetzungskrimi „Die Edelsteine“. Das geheimnisvolle Verschwinden eines Bibliothekars, ein übler Verdacht im Mitarbeiterkreis, und da ist ja noch eine Nutzerin, die nicht von ihren Tageszeitungen im Lesesaal lassen kann... Bibliothekarin Kies und Direktor Feichtenbeiner stehen vor ihrem ersten Abenteuer!

 


 

Kapitel 1: Eine Irritation

Es muss sich wohl vor etwa zwei Jahren zugetragen haben, dieser Donnerstag Ende September, der so Einiges in dieser Bibliothek ins Wanken brachte. Ich glaube, mich erinnern zu können, dass es trotz der ersten allmählich fallenden Laubblätter noch relativ warm war. Die Leute waren jedenfalls noch ohne Jacke in der Stadt unterwegs, und viele von ihnen saßen am Flussufer unweit der Altstadt und ließen sich von der Herbstsonne und dem Plätschern des Wassers dahintreiben.

So belebt die Stadt war, so ausgestorben schien bei dem Wetter die Regionalbibliothek in ihrem historischen Gebäude, das irgendwie seltsam eingequetscht zwischen der eigentlichen Stadt und dem Burghügel wirkte. So als hätte man es vor hundert Jahren dort nur kurz abgestellt, um es später auf seinen eigentlichen Platz zu stellen. Irgendwie war es dort aber hängen geblieben und schlief einen Dornröschenschlaf, vergessen vom Großteil der Bevölkerung und der Politik.

An diesem Donnerstag war der Lesesaal schon mittags fast leer. Ein älterer Herr, Hobby-Heimatforscher, und zwei Studenten – Jura, was sonst… – waren die einzigen Besucher heute bislang gewesen. Um zwei rief Direktor Feichtenbeiner seine kleine Belegschaft zum zweiwöchentlichen Jour Fixe im barockisierten Großen Saal, der sich im zweiten Stock befand und auch für Veranstaltungen genutzt wurde.

Direktor Feichtenbeiner ging mit großen Schritten auf seine wohlverdiente Rente zu. Nur noch ein Jahr, und er würde die Geschäfte an seinen Nachfolger übergeben. Über sein Vermächtnis würde die Nachwelt wohl streiten. Außer ihm war die Mehrheit der Belegschaft stillschweigend eher der Auffassung, dass er die Bibliothek weiter in den Dornröschenschlaf getrieben hatte. Es war kaum zu übersehen, dass Nutzerzahlen stagnierten, ja gar sanken und die Ausstellungen kaum noch ein Echo fanden. Zwei Bibliothekarinnen hatten das Team im letzten Jahr verlassen und waren an andere Uni- bzw. Landesbibliotheken gegangen.

Auch Feichtenbeiner selbst konnte insgeheim nicht verleugnen, dass ihm langsam die treibenden Kräfte, die dieses Amt erforderte, ausgingen. Jedoch war er davon überzeugt, der Bibliothek große Dienste getan zu haben, war er es doch schließlich, der sich gegen den Sparkurs zu behaupten wusste, den das Land seit einigen Jahren konsequent gegen die Regionalbibliothek fuhr.

Gewisse Umverteilungen im Rahmen des nächsten Haushalts wären aber wohl sicher nötig, ein heißes Eisen, was er im Jour Fixe ansprechen wollte.

Als er um Punkt zwei den Großen Saal betrat, saßen nur die Bibliothekarinnen Brecht und Schumann schon am Tisch.

„Na, immerhin die Hälfte ist da“, meinte Feichtenbeiner. „Couleuvre wird sicher auch gleich kommen. Wo ist Kies?“

„Müsste eigentlich auch gleich da sein“, sagte Margit Brecht.

„Na, dann übe ich mich noch in Geduld“, meinte Feichtenbeiner mit ironischem Unterton, und biss sich dabei fast auf die Zunge.

Mehrere Minuten angespannter Stille vergingen. Niemand wagte eine Bewegung. Die Luft stand im Raum.

Schließlich drückte Julia Kies die schwere Holztüre auf.

„Pünktlichkeit scheint heutzutage überbewertet zu werden“, merkte er spitz an, als sich Kies setzte.

„Entschuldigen Sie, Herr Direktor. Ich war mitten in meinem Konzeptentwurf für den Besuch einer Schulklasse nächste Woche.“

„Und den konnten Sie nicht unterbrechen für den angesetzten Termin…“

Kies zögerte. „Es… es war mir wichtig, einen Gedanken zu Ende zu führen und ihn sauber zu notieren. So habe ich jetzt auch den Kopf frei und stehe ganz für den Jour Fixe zur Verfügung“, sagte sie entschlossen und blickte Feichtenbeiner dabei ins Gesicht.

Der Direktor verzog die Stirn. Diese Schulklassenbesuche hatte er stets ob ihres Nutzens in Zweifel gezogen, auch wenn es Oberstufenschüler der hiesigen Gymnasien waren. Diese Bibliothek war wissenschaftlich orientiert, für Schularbeiten bot sie seiner Auffassung nach weder den geeigneten Bestand noch sei es ihre Aufgabe, diesen Jugendlichen beizubringen, wie man recherchiert.

„Sie verschwenden Ihre Zeit. Ja, mehr noch, Sie machen sich zum Handlanger der faulen Lehrer. DIE und die Eltern müssten es doch sein, die sich um die Erziehung kümmern.“

Kies‘ Augen schickten ein Stoßgebet gen Himmel. Nicht schon wieder diese Diskussion.

„Vielleicht könnten wir jetzt ja mit dem Meeting anfangen“, versuchte sie, das Gespräch wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

„Aber Matthias fehlt doch noch!“, sagte Brecht.

Feichtenbeiner stutzte. „Stimmt, ja!“ Es war schon zehn nach. Sonst war Matthias Couleuvre doch immer pünktlich wie eine Stechuhr, gewissenhaft bis zum Äußersten.

„Die zwei Tage Urlaub scheinen seinen Rhythmus durcheinander gebracht zu haben“, kommentierte er milde. „Frau Schumann, seien Sie doch so lieb, und holen ihn aus seinem Büro.“

Julia Kies musste sich doch sehr wundern. Mit ihr war Direktor Feichtenbeiner im heimlichen Dauer-Clinch, mit Couleuvre dagegen ging er um wie mit einem rohen, goldenen Ei. Das hatte sicherlich nur damit zu tun, dass dieser in einem Jahr die Nachfolge von Feichtenbeiner antreten sollte. Inoffiziell war das schon so gut wie ausgemacht. Natürlich würde es ein formal korrektes Bewerbungsverfahren geben, aber Feichtenbeiner würde als Strippenzieher durch Kontakte und Einfluss schon dafür sorgen, dass am Ende der „Richtige“ dabei rauskäme. Da machte sich niemand im Team Illusionen.

„Herr Couleuvre ist nicht in seinem Büro“, verkündete Stefanie Schumann, als sie zurückkam.

„Er hat den Termin wohl total vergessen“, entgegnete Feichtenbeiner. „Sicherlich ist er im Magazin am Altbestand“.

„Ich habe den Magaziner Josef gerade auf der Treppe getroffen.“

„… Und?“

„Er sagte mir, dass er Couleuvre heute noch gar nicht gesehen hätte, weder im Magazin noch außerhalb davon.“

Feichtenbeiners Verwunderung nahm größere Ausmaße an. „Hat jemand von Ihnen in der Runde Herrn Couleuvre heute schon gesehen?“

Kopfschütteln in der Runde. Der Direktor war irritiert. Ohne seinen hoffentlichen Nachfolger, wollte, ja, konnte er doch diesen Termin nicht stattfinden lassen. Gerade da es um wichtige Angelegenheiten des nächsten Jahres ging. Feichtenbeiner atmete tief durch.

„Wir vertagen den Termin. Ich schreibe Ihnen allen eine Mail zwecks dem nächsten Jour Fixe.“

Direktor Feichtenbeiner erhob sich schon, während die anderen ihre Sachen zusammenpackten, und nahm mit großen Schritten den Weg Richtung Magazin. Da wusste er noch nicht, dass dies erst der Anfang alles Übels sein sollte.

Fortsetzung folgt

(Bildnachweis: hoànglinh, via Pixabay)

(ag)

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3 Kommentar(e)

Studentin |

01. Dezember 2020

Ich liebe die Idee und den Text! Danke :)


Dozentin |

01. Dezember 2020

Mega Idee! Liest sich wirklich gut und man ist gespannt, wie es weitergeht ;-)


besj |

01. Dezember 2020

Tolle Idee - ich bin gespannt, wie es weitergeht!