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Hier berichten wir von den großen und kleinen Erlebnissen unserer Ausbildungsreise – von Exkursionen in alte und neue Bibliotheken, von Studienfahrten und Praktika in fernen und nicht ganz so fernen Städten, von Vorträgen, Konferenzen und natürlich dem Studienleben in München.

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Garching II oder Wie man dem Tod durch Zerquetschung entgeht

Avatar of Student/in Student/in | 16. Februar 2020 | Fachliches, Führung | Bibliothek



Garching oder Wie man dem Tod durch Zerquetschung entgeht

Wer kennt das Problem nicht ? So sehr man auch haushaltet, irgendwann ist der Speicher voll. Und dann bleiben nur zwei Optionen: löschen oder auf eine externe Festplatte auslagern. Auch manche Bibliothek stößt irgendwann in ähnlicher Weise an ihre Grenzen. Die Tilgung von Büchern und anderen Medien aus dem Bestand, das Aussondern, ist bei vielen Bibliotheken zwar eine Option, kommt bei der breiten Öffentlichkeit aber in der Regel nicht so gut an.

Und so gut wie alternativlos ist die „externe Festplatte“ besonders bei Archivbibliotheken, die per Gesetz nicht aussondern dürfen. Auch deswegen besitzt die Bayerische Staatsbibliothek gleich mehrere dieser „externen Festplatten“, die größte davon in Form eines Speichermagazins in Garching bei München, das der Kurs 2019/22 vergangene Woche besuchen durfte. Theo Bauer führte uns durch die Räumlichkeiten und erzählte den angehenden BibliothekarInnen interessante Details aus dem Innenleben des wohl größten Bibliotheksmagazins in Bayern.

Anfang der 1980er Jahre, als der Medienbestand auf über 4,3 Millionen Einheiten angewachsen war und sichtbar wurde, dass das Hauptgebäude in der Ludwigstraße an die Grenze seiner Kapazitäten kam, begannen sich die Planungen zu konkretisieren. Ein erster Bauabschnitt wurde 1986-89 realisiert. Ursprünglich sollte das Magazin Medien von Bibliotheken aus ganz Bayern aufnehmen und auch einen eigenen Lesesaal umfassen, doch diese Pläne wurden schnell geändert, einerseits aus Kostengründen, andererseits weil bald klar war, dass die Staatsbibliothek die Räumlichkeiten ganz allein in Anspruch nehmen musste, um ihren immer weiter wachsenden Buchbestand unterzubringen.

Das erste gebaute Magazin namens Garching I wurde 1989 eröffnet, bot Kapazitäten für 2,6 Millionen Medien und war doch nach sechs Jahren schon voll ! 2005 wurde mit Garching II ein weiterer Bauabschnitt mit Platz für 3,1 Millionen Medien eröffnet, und auch dieser Platz war 2016 verbraucht. Im Moment werden behelfsmäßig Außenlager an anderen Standorten angemietet, um den mittlerweile fast 11 Millionen Medien der Bayerischen Staatsbibliothek ein Zuhause bieten zu können. Der dringend nötige Folgebau Garching III ist leider noch nicht einmal begonnen worden, denn die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam.

Doch zurück zum bereits bestehenden Speichermagazin. Wie uns Herr Bauer erzählte, wird versucht, den zur Verfügung stehenden Platz bestmöglich zu nutzen, besonders durch den Einsatz von Kompaktregalanlagen, also beweglichen Regalen, die ohne Lücken aneinander stehen und bei Bedarf auseinander gefahren werden. Lücken zwischen Regalen entstehen also nur, wenn mal ein Buch entnommen oder zurückgestellt wird. In Garching I werden diese Kompaktregalanlagen elektrisch, in Garching II elektronisch per einfachem Knopfdruck bewegt. Befindet sich beim elektronischen Zusammenfahren noch ein Mensch zwischen den Regalen, kann er dem sicheren Tod durch Zerquetschen nur entgehen, wenn er einer Fußleiste unter den Regalen einen beherzten Tritt gibt, die für diesen Notfall da ist. Wir lernen: Die „Magaziner“ haben entgegen der landläufigen Meinung einen tollkühnen, abenteuerlichen Beruf ;-)

Von Bedeutung ist es, die klimatischen Bedingungen für Bücher und andere Medien konstant und optimal zu halten. Besonders empfindliche Datenträger wie Filmnegative werden in vier Kühlräumen aufbewahrt (bei unserem Besuch zeigte das dortige Thermometer 7,9 Grad an). Doch in den normalen Magazinräumen wird es durch den Klimawandel immer mehr zu einer Herausforderung, die Luftfeuchtigkeit unter 55% und die Temperatur bei maximal 18 Grad zu halten. Mehrere aufeinanderfolgende feuchte Hitzetage im Hochsommer können schnell zum Problem werden. Deswegen werden Temperatur und Luftfeuchtigkeit ständig überwacht.

Abschließend sei erwähnt, dass gehöriger Aufwand nicht nur getrieben wird, um die Medien im günstigsten Fall auf ewig als kulturelles Erbe zu bewahren, sondern auch, damit sie die Benutzer der Staatsbibliothek auch schnell konsultieren können. Zweimal täglich fährt ein hauseigener LKW zwischen den Standorten und dem Hauptgebäude in der Ludwigstraße hin und her, 17 MitarbeiterInnen sammeln die Bestellungen aus dem OPAC, laufen Kilometer um Kilometer durch die Regale, entnehmen Bücher, beladen den LKW, und entnehmen zurückgekommene Bücher, um sie wieder an ihren Platz zu stellen. Dem Nutzer im OPAC wird die garantierte Bereitstellungsfrist von drei Arbeitstagen angezeigt, allerdings ist das logistische Ballett der BSB so gut eingespielt, dass das Buch häufig in günstigen Fällen schon nach wenigen Stunden ausleihfertig bereitliegt.

Wir bedanken uns bei Herrn Bauer für die äußerst interessanten Einblicke und grüßen an dieser Stelle die MitarbeiterInnen des Speichermagazins Garching, die unsichtbar im Hintergrund einen großartigen Service leisten !

(ag)

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