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Hier berichten wir von den großen und kleinen Erlebnissen unserer Ausbildungsreise – von Exkursionen in alte und neue Bibliotheken, von Studienfahrten und Praktika in fernen und nicht ganz so fernen Städten, von Vorträgen, Konferenzen und natürlich dem Studienleben in München.

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Bibliothek - investieren in ein gemeinsames Unternehmen?

Avatar of Student/in Student/in | 14. September 2019 | Gedankensprünge, Fachliches



Wer sich in der Bibliothekslandschaft umhört, hört eine Menge Kritik. Wir hängen mit unseren technischen Entwicklungen hinterher, wir müssten doch eigentlich ein Mittelpunkt der Gesellschaft sein, unsere Unternehmenskultur ist nicht gut genug. Genauso gibt es viel Lob, vor allem für Leuchtturm- und Pilotprojekte, die scheinbar doch zeigen, wie innovativ Bibliotheken sein können. Eigentlich tun sie das nicht, sondern beweisen das Gegenteil und zeigen das wahre Problem der Bibliotheken. Das "wahre Problem" des Bibliothekswesens ist unser Selbstbezug. Wenn man in Deutschland nicht sicher ist, ob man denn von EINER Nationalbibliothek sprechen darf oder peinlich genau darauf achten muss es "verteilte" oder "virtuelle" Nationalbibliothek zu nennen, wenn sich die UB Hinterhausen und die Unibib Oberheim gegenseitig mit IT-Projekten übertrumpfen wollen um zu beweisen, wer denn die innovativere IT-Bibliothek ist, dreht sich das Bibliothekswesen im Kreis und wird sich niemals weiterentwickeln.

Laut Deutscher Bibliotheksstatistik arbeiten an allen deutschen Bibliotheken insgesamt fast 24.000 Menschen*. Zum Vergleich: für Microsoft arbeiten in Deutschland nicht einmal 3.000 Personen. 24.000 - das muss man sich einmal vorstellen. Eine riesige Anzahl von BibliothekarInnen in Deutschland - und trotzdem arbeiten wir kaum zusammen. Lieber verlieren wir uns in Kleinkriegen zwischen einzelnen Bibs, die zu nichts führen. Denn wir sind keine Konkurrenten, es gibt keinen Marktanteil, den wir uns gegenseitig wegnehmen könnten und eine Dienstleistung nur für uns selbst zu entwickeln bringt uns absolut keinen Vorteil. Warum also? Es menschelt, sagen wir in Bayern dann immer. Menschlich ist doch aber eigentlich zusammenzuarbeiten und gemeinsam kreativ zu sein, sich um's Lagerfeuer zu sammeln. Wenn Bibliotheken in Deutschland sich gemeinsam präsentieren, die Verbünde verschmelzen und wir gewissermaßen zu einem "Unternehmen" werden würden, wären wir eines der größten in diesem Land.
"Das geht doch nicht" denkt sich jetzt jeder, der das liest, ich selbst ja auch. Genau hier schlägt es uns den Selbstbezug um die Ohren. Was wir nämlich oft vergessen, ist: bei allen berechtigten und wichtigen (!) Unterschieden sollten Bibliotheken doch ihre gemeinsame Linie stärker betonen. Den meisten Bibliotheksmitgliedern ist es völlig egal, ob sie in der Staatlichen Bibliothek, der Unibib oder der Stadtbücherei sitzen. Was macht das für einen Unterschied? Klar, hier und dort herrscht vielleicht eine andere Atmosphäre, aber im Grunde will man überall das gleiche: Wissen fühlen, Information verarbeiten, Gesellschaft teilen. Streitigkeiten darüber, in wessen Zuständigkeit die Entwicklung eines Stylesheets für den OPAC fällt, welche Bibliothekstypen einen größeren Abstimmungsanteil im Verbundsystem verdienen oder warum ÖBs neben WBs nicht ernstzunehmen sind, weil WBs bessere Ressourcen haben, sind sinnlos und gehen gegen alle Werte für die Bibliotheken stehen.

Das Wort "Vision" kann wohl niemand mehr hören, aber vielleicht brauchen wir genau das wieder und zwar größer als zuvor. Was wäre das für ein unglaubliches Ziel, wenn ein Mensch in Deutschland in eine Bibliothek gehen kann und weiß, welche Services ihn dort erwarten? Wir sind Weltmeister im Standardisieren, aber unsere Services sind allenfalls innerhalb der eigenen Bib normiert. Weshalb greifen wir BibliothekarInnen uns nicht gegenseitig unter die Arme? Eine kommunal geförderte Bib kann natürlich keinen ITler einstellen. Aber 5km weiter an der Unibib sitzt aller Wahrscheinlichkeit nach einer. Natürlich, das Gegenargument "das ist doch nicht deren Aufgabe, wie sollen die das rechtfertigen" hört man schon kommen. Vielleicht braucht es ja einen deutschen Verbund, in dem nicht Bibliotheken, sondern kompetente BibliothekarInnen Mitglieder sind, die genau das tun - Probleme lösen und Netzwerke schaffen? Vor kurzem hat ein Bibliothekar auf einer Tagung gesagt "hören wir doch mal eine Minute auf darüber nachzudenken, was möglich ist, und entscheiden wir stattdessen, was nötig ist". Recht hat er.

Was ist nötig?
Nötig ist, Konkurrenzdenken zwischen Bibliotheken abzuschaffen. Wir haben weder die Ressourcen, noch das Ansehen in der Gesellschaft oder die Zeit, um das zu überleben.
Nötig ist, innovatives Personal anzuwerben und zu fördern, um Kompetenzen in das Haus zu holen, die uns zu flexiblen Vorreitern machen.
Nötig ist, dass wir Bibliotheken als eine Einheit für Wissen, Demokratie und Innovation auftreten und umsetzen, was die Community braucht.

 

*laut DBS 2018 errechnet aus Spezialbibliotheken (ca. 940 VZÄ) + wiss. Bibliotheken (ca. 11 500) + ÖBs ( ca. 11 500)
Bild: pixabay license "geralt"

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