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Buchmalerei – Reise in die Zeit von Schnecken, Drachenblut und Misthaufen. Kalligraph Jörg Schwarzenbach zu Besuch beim Kurs 2016/19

Avatar of Student/in Student/in | 29. November 2017 | Projekt, Fortbildung



Farben für die Buchmalerei

Am 23. November war der Künstler, Kalligraph und Buchmaler Jörg Schwarzenbach zu Besuch bei uns, dem Kurs 2016/19, und führte uns in die vergangenen Zeiten der Buchmalerei. Auf dem Plan standen Geschichte, Schnecken, das Nibelungenlied und anderen Kuriositäten. Und natürlich ganz viel Praxis.
Unsere Reise in die Geschichte von Buch, Schrift und Farben begann bei der Bibliothek von Alexandria und der Buchherstellung auf Papyrus im alten Ägypten und führte uns über das „Book of Kells“ als Beispiel für herausragende Handschriften des Mittelalters hin zur Herstellung von Pergament als Wegbereiter unserer heutigen Bücher. Wir erhielten Einblick, mit welchen Gegenständen  Handschriften angefertigt wurden und wie sich die Schrift im Laufe der Jahrhunderte entwickelte und veränderte.
Nach diesem historischen Abriss erhielten wir eine Einführung in die – zumeist sehr aufwändige und oftmals teure – Herstellung von Farbe. Hier kommen neben mineralischen auch tierische, pflanzliche und chemische Verfahren und Stoffe  zum Einsatz. So wurde die Farbe „Ultramarinblau“ aus dem in Afghanistan vorkommenden Stein „Lapislazuli“ hergestellt und war neben Purpur eine der teuersten und am aufwändigsten zu gewinnenden Stoffe der damaligen Zeit. Purpur wird aus einer Drüse der Purpurschnecke gewonnen, deren Sekret an der Luft die typische Purpurfarbe erhält. Hier ist es auch nicht verwunderlich, dass Purpur teurer als Gold ist. Ein weiteres Beispiel war die Herstellung von Drachenblut. Dieses Beispiel dürfte die Herzen von Nibelungenliedfans  im ersten Moment höher schlagen lassen. Doch leider handelt es sich dabei nicht um das Drachenblut, das für die Unverwundbarkeit Siegfrieds sorgte, sondern um das Harz der Drachenpalme als Grundlage des Farbstoffes Drachenblut. Ein Beispiel für die chemische Herstellung von Farben ist die Herstellung von Bleiweiß, heute besser bekannt als Titanweiß. Früher wurde Blei mit einigen weiteren Zusatzstoffen in Misthäufen vergraben. Dadurch bildet sich auf der Oberfläche des Bleis eine weiße Schicht, die als Farbe verwendet werden kann. Allerdings war die Verwendung dieser Farbe und wie fast aller damals, mittels chemischer Verfahren hergestellter Farbstoffe, giftig.
Im Anschluss an diese theoretische Einführung in die Buchmalerei, folgte der praktische Teil. Zunächst wurden wir darauf hingewiesen, worauf man beim Zuschneiden von Gänsefedern für den Schreibgebrauch achten sollte und wie man die Feder zum Schreiben richtig auf das Blatt aufsetzt und hält. Dann ging es an die Herstellung unserer Schreibflüssigkeit: der Rußtinte. Um gute, schreibfähige Tinte zu erhalten, wurde Ruß, Wasser, Gummi Arabicum und Ochsengalle vermischt. Die Ochsengalle dient der besseren Vermischbarkeit von Ruß und Wasser. Die Tinte wurde bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch in sehr ähnlicher Zusammensetzung verwendet.
Nach dem kräftigen Verrühren der Bestandteile der Tinte durften wir dann auf liniertem Papier selber Schreibübungen mit Gänsefeder und Rußtinte machen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Entscheidend ist die richtige Menge Tinte, die Qualität des Federzuschnitts und die Art und Weise, die Feder auf dem Papier aufzusetzen. Unter den fachkundigen Augen von Herrn Schwarzenbach, durften wir dann Buchstaben der karolingischen Minuskel „malen“. „Malen“ ist hier sehr zutreffend, denn das Schreiben mit der Gänsefeder erforderte eine ruhige Hand und einiges an Geschick. Wer mit seinen ersten Ergebnissen zufrieden war, durfte dann richtig auf verschiedenen Papiersorten wie zum Beispiel Büttenpapier und mit verschiedenen Farben loslegen.
Der Workshop endete mit vielen glücklichen und entspannten Gesichtern und einigen neuen Erfahrungen. Als Fazit unserer Reise in die Buchmalerei lässt sich festhalten, dass der Großteil unseres Kurses aus Effizienzgründen froh darüber sein dürfte, dass wir nicht jeden Tag im Unterricht mit Gänsefedern mitschreiben müssen, wobei unsere Füller übrigens trotzdem auf der gleichen Technik beruhen, wie die Gänsefeder. Vielen Dank an Herrn Schwarzenbach für diesen lehrreichen Kurs und die Erfahrungen, die wir mit historischer Schreibkunde machen durften.
Kurs QE 3 Bibl. 2016/19

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