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Adventskalender (10): Von Keksen, einem Universalgenie und Bibliotheken

Avatar of Student/in Student/in | 10. Dezember 2021 | Adventskalender



aubib-Adventskalender 2021 (10)

„Der vom Keks?“, fragte meine Schwester, als ich erzählte, über welchen Bibliothekar ich einen Blogbeitrag für den Adventskalender schreiben würde. Keks? Achja, die Butterkekse – nein, die haben bestimmt nichts damit zu tun. Was soll denn auch ein Vordenker der Aufklärung mit Keksen zu tun haben, dachte ich und begann meine Recherche zu Gottfried Wilhelm Leibniz.

Ausschnitt eines Leibniz Portraits (Louis Figuier, Barcelona, 1881)

Vordenker der Aufklärung, Universalgelehrter, Mathematiker, Philosoph, Jurist, Diplomat, Theologe, Physiker… Gottfried Wilhelm Leibniz war in seinem Leben Vieles und die Reihe an Bezeichnungen könnte sicher noch eine Weile fortgeführt werden. Der Titel des Bibliothekars wird in den meisten Rühmungen allerdings nur rudimentär erwähnt.

Doch beginnen wir am Anfang. Gottfried Wilhelm Leibniz wurde 1646 in Leipzig geboren und war schon als Junge an philosophischen Fragestellungen interessiert. Er studierte bereits mit vierzehn Mathematik, Astronomie und Physik an der Universität und schloss mit nur zwanzig Jahren eine Promotion der Rechtswissenschaften ab. Im Anschluss startete er seine Karriere als politischer Berater im Dienst des Mainzer Erzbischofs Johann Phillip v. Schönborn, der nur der erste in der langen Liste von Leibniz’ Gönnern sein sollte. In diesen frühen Jahren entwickelte Leibniz seine erste Rechenmaschine, die alle vier Grundrechenarten beherrschte. Außerdem wurde er in die Royal Society in London aufgenommen, entwickelte die Integral- und Differentialrechnung maßgeblich weiter und war in politischer Mission auf Reisen. In seinem weiteren Leben beschäftigte er sich unter anderem ausgiebig mit der Geschichte der Welfen und der Modernisierung von Silberbergwerken, schuf und pflegte ein internationales Kommunikationsnetz bis nach China und war unter anderem der erste Präsident der königlich-preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin.

Uns ist Leibniz vor allem dadurch bekannt, dass er mit seiner Rechenmaschine und Weiterentwicklung des dualen Zahlensystems Grundsteine für die Entwicklung von Computern und der modernen Informationstechnologie legte.

Neben allen Errungenschaften in Wissenschaft und Politik war Leibniz Zeit seines Lebens vor allem eins: Bibliothekar. Zu Beginn seiner Karriere in Mainz arbeitete er für den Mainzer Diplomaten Johann Christian von Boineburg, mit dem Auftrag dessen private Büchersammlung in Ordnung zu bringen. Dies bedeutete für Leibniz mehr als Ordnen und Bestand erfassen – er entwickelte und erstellte auf Anregung Boineburgs einen Schlagwortkatalog für die Sammlung. Diese erste praktische bibliothekarische Arbeit zeigt einen Versuch Wissen zu ordnen und zu organisieren und steht konform in Leibniz‘ Ideal der vollkommenen Ordnung, in der die Wissenschaft als Einheit gesehen wurde, in der alle Fachgebiete miteinander verbunden sind.

1676 konnte Herzog Johann Friedrich von Hannover Leibniz als Hofrat und Präfekten der herzoglich-kurfürstlichen Hofbibliothek von Hannover gewinnen. Leibniz sollte bis zu seinem Tod im Jahr 1716 Leiter der Bibliothek bleiben.

Die Hofbibliothek zählte zu Beginn mit etwa 3110 Bänden und 158 Handschriften und auch nach der Bestandserweiterung unter Leibniz‘ Führung bei Weitem nicht zu den größten Sammlungen ihrer Zeit. Leibniz sah den Wert der Bibliothek jedoch nicht in der Masse der Bücher, sondern in ihrer Qualität und ihrem Nutzen für die Wissenschaft. Eine Bibliothek sollte nicht nur eine Gegenstandssammlung sein, man sollte sie auch praktisch benutzen können. Schon zu seinem Amtsantritt formulierte Leibniz daher drei Handlungsfelder für seine Arbeit als Bibliothekar: Bestandsaufbau, gründliche Erschließung und systematische Ordnung.

Statt nur Werke zu höfisch-politischen Themen zu enthalten, sollte der Bestand kontrolliert und enzyklopädisch erweitert werden und Themen aus allen Wissenschaften, Künsten und Berufen bieten können. Für den schnelleren Gebrauch der Bibliothek plante Leibniz statt herkömmlicher Bestandsaufnahmen neuartige Inventare und Register zu erstellen. Die Bücher sollten nicht wie bisher üblich nach Größe bzw. Format aufgestellt und geordnet werden, sondern systematisch, das heißt nach Themenfeldern gruppiert. Durchsetzen konnte Leibniz seine bibliothekarischen Ansprüche allerdings nur bedingt, so wurde für die Hofbibliothek nie einer der geplanten Register fertiggestellt. Weiterhin verfolgte Leibniz, in einer Zeit, in der Bibliotheken vor allem in Adelshäusern gepflegt wurden, den Ansatz, dass eine Bibliothek nicht nur der Machtspiegelung ihres Besitzers dienen sollte, sondern auch der öffentlichen Wohlfahrt. Eine freie Bibliotheksbenutzung wie heute ist damit nicht gemeint, aber der elitäre Kreis der Bibliotheksbenutzer sollte das Wissen zum Wohl der Gesellschaft einsetzen. Neben der hannoverschen Bibliothek übernahm Leibniz 1691 die Leitung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, deren erster alphabetischer Katalog von ihm erstellt wurde.

Der Bibliothekar Leibniz ist hauptsächlich durch seine Ideale und in Entwürfen erhaltenen Neuerungen zu fassen. Tatsache ist jedoch, dass er in allen drei Bibliotheken mit dem praktischen Tagesgeschäft einer Bibliothek betraut war – Erwerbung, Erschließung, Personalverwaltung, Budgetkalkulation und Raumplanung - und, dass diese Arbeit sein Broterwerb war. Sie sicherte ihm nicht nur das Auskommen und finanzierte viele seiner Unternehmen, sondern bot ihm auch die Möglichkeit sein Wissen auf vielen Gebieten zu erweitern und zu festigen.

Heute ist nicht nur die niedersächsische Landesbibliothek nach Leibniz benannt, sondern auch einige andere Institutionen, Gymnasien und Preise. Und ja, auch der hannoversche Unternehmer Bahlsen benannte seine Butterkekse nach dem berühmten Bewohner der Stadt –  Leibniz.

(JSt)

 

Für alle, die noch mehr über Leibniz wissen wollen:

Leibniz Virtuell. Eine virtuelle Ausstellung des Wissensportals „LeibnizCentral“. <dokumente.leibnizcentral.de/index.php?id=6>

Harbecke, Karin (Hg.). 2008. Zwischen Fürstenwillkür und Menschheitswohl – Gottfried Wilhelm Leibniz als Bibliothekar. (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderbände 95). Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann.

Hirsch, Eike Christian. 2001. Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie. München: Beck.

 

Bildnachweis:

Adventskalender: aubib unter Verwendung von Annie Spratt auf Pixabay und Freepik via Flaticon ; Sara Facio, via Wikimedia Commons

Portrait von Gottffried Wilhelm Leibniz: Figuier, Luis. 1881. La ciencia y sus hombres. Vidas de los sabios ilustres desde la antigüedad hasta el siglo XIX. (Bd. 3.). Barcelona: D. Jaime Seix. URL: <archive.org/details/A044164/page/n63/mode/2up>

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1 Kommentar(e)

mst |

10. Dezember 2021

Nimm das, Isaac Newton! ;)