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Hier berichten wir von den großen und kleinen Erlebnissen unserer Ausbildungsreise – von Exkursionen in alte und neue Bibliotheken, von Studienfahrten und Praktika in fernen und nicht ganz so fernen Städten, von Vorträgen, Konferenzen und natürlich dem Studienleben in München.

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Bona Peiser - Deutschlands erste hauptberufliche Bibliothekarin

Avatar of Student/in Student/in | 08. März 2021 | Bibliotheken | Deutschland



Gedenktafel für Bona Peiser Gebäude Rungestr. 22–25

Ein Beitrag zum Internationalen Frauentag


Bona Peiser entstammte 1864 der Familie eines Verlagsbuchhändlers und so dürfte ihre frühe  Leidenschaft für Bücher und Bildung hier ihren Ursprung gefunden haben. Doch, wie allen Frauen im 19. Jahrhundert, war auch ihr der Weg zur höheren Bildung versperrt. Bibliothekare konnten zu dieser Zeit nur Männer mit akademischer Ausbildung werden. Erst ab Mitte der 1890er Jahre bestand für Frauen die Möglichkeit, ein Abitur zu erlangen und ab 1908 wurden Frauen schließlich für reguläre Hochschulstudien zugelassen. Nachdem Bona Peiser im Deutschen Kaiserreich keine akademische Ausbildung erlangen konnte und sich das fortschrittlichere Bibliothekswesen im angloamerikanischen Raum rasch herumsprach, zog sie um 1890 nach Manchester, um sich dort fortzubilden. Das dortige Bibliothekssystem der Public Libraries hatte deutliche Fortschritte im Gegensatz zum preußischen aufzuweisen: es gab hauptamtliches und ausgebildetes Personal, eigene Bibliotheksschulen und eine stetig ansteigende Zahl weiblicher Mitarbeiterinnen.

1895 wurde Bona Peiser, nachdem sie sich während ihres Englandaufenthaltes bibliothekarisch profiliert hatte, schließlich hauptamtliche Leiterin der Bibliothek des Ende der 1880er Jahre gegründeten Kaufmännischen und gewerblichen Vereins für weibliche Angestellte (= VWA) - ein Hilfsverein für erwerbstätige Frauen, der neben anderer Unterstützung auch die Bildungsförderung seiner Mitglieder zum Ziel hatte. Peiser setzte sich zeitlebens für die Bücher- und Lesehallen-Bewegung ihrer Zeit ein und bestand stets darauf, dass Bildung dem ganzen Volk zugänglich gemacht werden müsse. So wurde sie, als die erste Lesehalle in Berlin eröffnet wurde, auch Leiterin dieser. Um die Zugänglichkeit aller Bevölkerungsschichten zu garantieren, orientierte man sich bei den Öffnungszeiten an den Arbeiter:innen.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts entstand unter Professor Christlieb Gotthold Hottinger die erste Bibliothekarinnen-Schule in Berlin, die Peiser jedoch als kritisch erachtete. Sie sah in der Geschlechter-getrennten Ausbildung eine klare Benachteiligung von Frauen. Es würden weniger Inhalte vermittelt werden, als bei den Männern und es käme so zu einer Minderbewertung der Leistungen von weiblichen Bibliothekarinnen, was sich auch bewahrheiten sollte.
Zwei Jahre später gründete man aufgrund Personalbedarfs eine weitere Schule zur Ausbildung von Bibliothekarinnen, diese war allerdings im Gegensatz zu Hottingers Unterricht mit Praktika verbunden. Die beiden Bibliotheken, in denen Peiser als Leiterin tätig war, erfreuten sich so großer Beliebtheit bei den Auszubildenden, dass es als Empfehlung für jeden Bibliotheksschüler galt, bei Peiser gelernt zu haben.

Peiser war es auch, die im Laufe ihrer Leitungstätigkeit der beiden Bibliotheken eine eigene Methodik entwickelte: nämlich den Buchkarten-Präsenzkatalog. Diese sollte den Bibliothekar:innen schnell ersichtlich machen, welche Bücher ausgeliehen werden konnten und das Mahnwesen vereinfachen. Das System war so erfolgreich, dass es sich auch weit nach ihrem Tod im Jahre 1929 durchsetzte und Anwendung fand.

Bona Peiser ist nicht nur die erste hauptamtliche Bibliothekarin in Deutschland und damit Pionierin auf ihrem Gebiet gewesen, sie war auch Bibliothekarin mit Leib und Seele und Wegbereiterin für die Bildung und Rechte von Frauen. Ihr unermüdliches Engagement in einer so ungewissen Zeit voller Hindernisse und Umbrüche soll uns auch heutzutage - und vor allem am Internationalen Tag der Frauen - ein großes Vorbild sein.

(vk)

 

Quellen und weiterführende Literatur:

Adametz, Thomas: Bona Peiser (1864-1929). Wegbereiterin der Bücherhallenbewegung und Deutschlands erste Volksbibliothekarin. In: Lüdtke, Helga (Hg.): Leidenschaft und Bildung. Zur Geschichte der Frauenarbeit in Bibliotheken. Berlin, 1992, S. 133-141.

Mahrt-Thomsen, Frauke: Bona Peiser (1864-1929). In: Günter Benser, Dagmar Goldbeck, Anja Kruke (Hg.): Bewahren - Verwahren - Aufklären. Archivare, Bibliothekare und Sammler der Quellen der deutschsprachigen Arbeiterbewegung. Supplement. Bonn, 2017, S. 90-99.
(PDF online abrufbar unter: http://library.fes.de/pdf-files/adsd/14092-20180323.pdf - letzter Zugriff 07.03.2021)

https://de.wikipedia.org/wiki/Bona_Peiser - letzter Zugriff 07.03.2021.

 

Bildnachweis:

Mauruszat, Axel: Gedenktafel am Gebäude Rungestr. 22–25. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/61/Gedenktafel_Bona_Peiser.jpg - letzter Zugriff 07.03.2021.

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4 Kommentar(e)

Vera |

27. Juli 2021

Vielen Dank für den Artikel! Gibt es über Bona Peiser schon einen youtube-Film? Es wäre schön, wenn Studierende vielleicht einen 2-5 minütigen Film erstellen könnten.


justme |

19. März 2021

Super Text, danke!


Elisabeth |

18. März 2021

Super Artikel, danke!


John Doe |

15. März 2021

Auch hier danke für den schon längst überfälligen Artikel, vk!