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Praktikum an der Bibliothek der University of Strathclyde in Glasgow

Avatar of Student/in Student/in | 08. April 2015 | Praktikum, Praktikum | Ausland, Praktikum | Europa



UB Glasgow
The butterfly and the pig
The butterfly and the pig
Die Eingangsschleusen
Die Eingangsschleusen
Gruppenarbeitsraum 1
Gruppenarbeitsraum 1
Gruppenarbeitsraum 2
Gruppenarbeitsraum 2
Blick in den Silent study Bereich
Blick in den Silent study Bereich
Fahrregalanlage im Untergeschoss
Fahrregalanlage im Untergeschoss
 

Da ich schon lange einmal Schottland besuchen wollte, lag es nahe, sich dort um ein Auslandspraktikum zu bemühen. Dementsprechend bewarb ich mich bei verschiedenen Universitäts- und staatlichen Bibliotheken in Glasgow und Edinburgh. Die Bibliothek der University of Strathclyde in Glasgow antwortete nicht nur am schnellsten, sondern machte dabei auch einen höchst vielversprechenden Eindruck – welcher sich bei Ankunft und in jeder Abteilung aufs neue bestätigte: ich wurde stets sehr freundlich aufgenommen und mit großem Engagement über Arbeitsabläufe, Historie und alle denkbaren Details informiert, was die vier Wochen wie im Fluge vergehen ließ. Besonders erleichtert wurde der Aufenthalt zudem durch die Zusage eines großzügigen Stipendiums seitens BI-International.

Die Andersonian Library ist die Zentralbibliothek der University of Strathclyde und versorgt die gegenwärtig knapp 17.000 Studenten und über 1200 Hochschulmitarbeiter mit Medien und Informationen aller Art. Die Bibliothek befindet sich auf dem Campus der University of Strathclyde mitten in Glasgow. Sie erstreckt sich über fünf Ebenen, wobei bereits mehrere Expansionen innerhalb des Gebäudes stattfanden (erkennt man am abrupt wechselnden Teppichboden) und auch noch weitere sind angestrebt , um die stetige Raumnot zu lindern.

Die Bestände der Bibliothek spiegeln das Lehrangebot der Universität wider und enthalten Monografien, Serien, Zeitschriften und elektronische Angebote zu den Bereichen Naturwissenschaft, Technik, Recht und öffentliche Verwaltung, Wirtschaft, Sozialwissenschaften sowie eine Spezialabteilung für Lehramtsstudenten und angehende Erzieher. Der Bestand an Druckwerken beläuft sich auf knapp 900.000 Medien und etwa 1200 laufende Zeitschriften, die zum überwiegenden Teil in Freihandaufstellung verfügbar sind. Die Ausleihe findet mittels Selbstverbuchungsautomaten statt.

Der Service ist ganz auf die Bedürfnisse der Studenten ausgerichtet: während des Semesters ist die Bibliothek von Montags bis Freitags zwischen 7 und 24 Uhr geöffnet, am Wochenende zwischen 9 und 21 Uhr, in der Prüfungszeit gegen Ende des Semesters sogar durchgehend. Um als Lernort besonders attraktiv zu sein und hohe Besucherzahlen zu gewährleisten, wurden nicht nur Unmengen an Gruppenarbeitsplätzen eingerichtet, sondern auch (kalte) Speisen und Getränke aller Art innerhalb der Bibliothek erlaubt. Infolgedessen steht vor jedem zweiten Studenten ein Kaffeebecher und das Chipstütengeraschel ist allgegenwärtig.

Die mehr als 1800 Nutzerarbeitplätze sind auf sämtliche Ebenen der Bibliothek verteilt, wobei innerhalb der Bibliothek ein Farbleitsystem angewendet wird, um verschiedene Arbeitsbereiche je nach Arbeitsumgebung zu kennzeichnen: pinke Bereiche sind als „Silent study“ ausgewiesen, also als „stille“ Arbeitsbereiche, in denen nicht gesprochen werden soll; orange Bereiche sind für „Quiet study“ reserviert, also „ruhige“ Arbeitsbereiche, wo leise Gespräche gestattet sind; grüne Bereiche sind als „Group study“ für Gruppenarbeit reserviert. Da in Gruppenarbeitsbereichen der Lärmpegel jegliche stille Arbeit quasi ausschließt, sind in diesen Bereichen fast gar keine Bibliotheksbestände mehr untergebracht.

Eine Besonderheit stellt die „Short loan collection“ dar, die ausschließlich sehr stark nachgefragte Literatur enthält: etwa 13.000 Medien sind hier separat aufgestellt und können nur über eigene Verbuchungsautomaten ausgebucht werden, die Leihfrist ist jeweils begrenzt bis 12 Uhr des nächsten Tages (außer bei Ausleihen an Samstagen, die erst Montags fällig werden); Verlängerungen sind nicht möglich. So ist sichergestellt, dass elementare Werke, v.a. aus den Literaturlisten der Vorlesungen und Seminare, kurzfristig zur Verfügung stehen.

Die Auskunftstheke der Andersonian Library wurde vor kurzem grundlegend überarbeitet. Zuvor war die zentral hinter dem Eingang zur Bibliothek gelegene Theke zweigeteilt und beantwortete im einen Bereich bibliothekarische Fragen und im anderen Bereich technische Probleme der Studenten, welche bei deren Laptops, mit Druckaufträgen, dem Herunterladen elektronischer Texte oder W-LAN auftraten. Dieser sehr weitgehende Service wurde von den Studenten geschätzt, die Zweiteilung der Theke führte jedoch vor allem bei neuen Nutzern zu Verwirrung. Daher wurden beide Theken zu einer einheitlichen Anlaufstelle zusammengelegt. Aufgrund von Personalverlusten im IT-Bereich müssen jedoch nun die entsprechenden Fragen ggf. von Mitarbeitern ohne IT-Hintergrund bearbeitet werden. Trotz entsprechender Schulungen führt dies natürlich zu Unsicherheiten, auch die für jeden Mitarbeiter verpflichtend eingeführten Abendschichten einmal wöchentlich bis 21 Uhr sind wenig populär.

Die Abteilungen für Erwerbung und Katalogisierung befinden sich zwar im selben Büroraum, arbeiten jedoch getrennt voneinander; der integrierte Geschäftsgang wird lediglich als Fernziel angestrebt. Für die Erwerbung und Katalogisierung wird das Verwaltungssystem Voyager eingesetzt, welches jedoch mittlerweile völlig veraltet ist und für das seitens des Herstellers auch keine Updates mehr erfolgen. Da die Katalogabteilung keinen Zugriff auf die Erwerbungskomponente des Systems hat, müssen dort erfasste Notizen handschriftlich kopiert und dem entsprechenden Medium beigelegt werden, um in der Katalogabteilung berücksichtigt werden zu können. Der Wechsel auf ein neues und zeitgemäßes Verwaltungssystem, um zumindest die bibliothekarischen Herausforderungen zu lösen, ist also dringend geboten und wird auch angestrebt, die Finanzierung ist jedoch noch nicht gesichert. In Strathclyde werden nur 5-10 % der Medien selbst katalogisiert, während die übrigen Katalogisate über das OCLC System bezogen werden. Eine Katalogisierung im Verbund wie in Bayern findet hier aber nicht statt, auch in Bezug auf Normdaten oder Sachschlagworte, da kocht jede Bibliothek ihr ganz eigenes Süppchen.

Interessant war auch das Fernleihe-System: Fernleihen sind offiziell nur für Masterstudenten und Fakultätsmitarbeiter zugelassen und werden meist an die British Library gerichtet, aktive Fernleihe findet in Strathclyde praktisch nicht statt. Die BL stellt viele Texte bereits elektronisch und vollautomatisch zur Verfügung, sodass Fernleihen unter Umständen innerhalb eines Tages erledigt werden können. In jedem Fall wird für die Fernleihen von der gebenden Bibliothek eine Gebühr von mindestens 6, teilweise bis zu 12 £ berechnet (Oxford und Cambridge verlangen noch mehr – weil sie es können); die Andersonian Library berechnet daher pauschal 9 £ pro nationale Fernleihe, die allerdings nicht dem Besteller, sondern der übergeordneten Fakultät in Rechnung gestellt werden, für den Besteller ist die Fernleihe letztlich – bislang – kostenlos.

Ich habe in Glasgow (und einigen anderen schönen Ecken Schottlands) einen sehr unterhaltsamen und höchst lehrreichen Monat verbracht und kann die Erfahrung eines Auslandspraktikums nur weiterempfehlen! Besonders beeindruckt war ich von der Hingabe der Bibliotheksmitarbeiter, die jederzeit mit vollem Einsatz bei der Sache sind und den optimalen Service für jeden Studenten bieten möchten – ganz zu schweigen von einem beeindruckenden Pragmatismus angesichts der genannten Schwierigkeiten und Einschränkungen. Gleichzeitig zeigten sich die Mitarbeiter sehr interessiert an meinen eigenen Erfahrungen und den Abläufen in deutschen Bibliotheken, wodurch sich ein toller beiderseitiger Austausch ergab.

Felix Schneider (Kurs Q3 Bibl. 2012/2015)

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